Von der Erbse zur Box – nachhaltige Lösungen aus der Grafschaft
Die Emsland Group und die bekuplast-Unternehmensgruppe haben ihre Kompetenzen gebündelt und setzen auf den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen in Kunststoffprodukten.
Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen und der Einsatz umweltfreundlicher Produkte ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Für die beiden Niedergrafschafter Unternehmen ist dies jedoch nichts neues. Für sie gehört der Nachhaltigkeitsgedanke seit jeher zur Unternehmensphilosophie. Begründet ist dies im Kerngeschäft der beiden Unternehmen. Die Emsland Group ist auf die Gewinnung von nativen und modifizierten Stärken, Fasern, Proteinen, Flocken und Granulaten aus nachwachsenden Rohstoffen wie Kartoffeln und Erbsen spezialisiert. Der Kunststoffverarbeiter bekuplast entwickelt und produziert nachhaltige Mehrwegtransportverpackungen. Dafür setzt das Unternehmen zu einem großen Teil recycelte Rohstoffe ein.
Über die Mitgliedschaft der Ems-Achse bestand bereits Kontakt. So entstand bei beiden Unternehmen die Idee, die Kompetenzen zu bündeln. Gemeinsames Ziel beider Unternehmen ist es, Pflanzenfasern in der Herstellung von Kunststoffprodukten einzusetzen. Unterstützt wird dieses Projekt vom niedersächsischen 3N-Kompetenzzentrum, das den Einsatz nachwachsender Rohstoffe und die Entwicklung nachhaltiger Produkte fördert.
Für seine Mehrweglösungen setzt bekuplast verschiedene Kunststoffe aus Neuware und aus Recyclingmaterial ein. Der Anteil an Recyclingmaterial ist in den letzten Jahren stark gestiegen. „Durch spezielle technische Verfahren können wir heute recycelte Kunststoffe als hochwertiges Compound für unsere Produkte verwenden. Sie stehen Produkten aus Neuware qualitativ in nichts nach“, erläutert Jörg Deglmann, Geschäftsführer der bekuplast GmbH. Neben vermahlenen Altbehältern werden Kunststoffe verarbeitet, die aus dem Gelben Sack gewonnen werden.
Im Einklang mit der Natur kreiert die Emsland Group zukunftsfähige Lösungen aus Kartoffeln und Erbsen. „Bei der Weiterentwicklung unseres Produktportfolios arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen und haben sowohl die Bedürfnisse der Endverbraucher als auch konsequente Ressourcenschonung und CO₂-Vermeidung im Blick“, sagt Dr. Julian Simke, Leiter Anwendungstechnik für technische Spezialitäten bei der Emsland Group. Die angelieferten Erbsen werden vor der Weiterverarbeitung zu hochwertigen Stärke- und Proteinprodukten geschält. Das heißt, die Außenfasern werden entfernt und als wertvolles Nebenprodukt separat weiterverarbeitet – unter anderem zur Herstellung von Kunststoffbehältern bei bekuplast. Auf diese Weise wird die Erbse umfassend genutzt, sodass ihre Bestandteile optimal verwertet werden können und eine maximale Wertschöpfung erzielt wird.
Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen in Kunststoffprodukten stellte die beiden Unternehmen jedoch vor technische Herausforderungen. Während Kunststoff in der Regel bei rund 220 Grad bis 230 Grad Celsius verarbeitet wird, verbrennen die pflanzlichen Erbsenfasern bereits bei einer Temperatur von 190 Grad Celsius.
Im Labor wurden auf Testmaschinen speziell aufbereitete Fasern der Emsland Group in Verbindung mit recycelten Kunststoffen getestet. „Dabei stellte sich heraus, dass sich Erbsenfasern besser als Kartoffelfasern eignen“, erklärt Maria Bollingerfähr, Mitarbeiterin im Team der Anwendungstechnik. Bei ersten Testproduktionen unter Laborbedingungen wurden Kunststoffboxen aus Erbsenaußenschalen und Recyclingmaterial aus dem Gelben Sack, sogenanntem Post Consumer Material, hergestellt. Durch den Einsatz der Erbsenfaser wurden rund 20 % des Kunststoffmaterials eingespart und durch einen nachwachsenden Rohstoff ersetzt. Der faserverstärkte Kunststoff ist nicht nur nachhaltig, sondern auch sehr stabil.
Nach ersten erfolgreichen Testproduktionen auf einer Labormaschine wurde die Produktion erster Boxen schließlich bei bekuplast in Ringe gestartet. „Die Tests mit verschiedenen Behältermodellen verliefen erfolgreich. Es ist uns gelungen rund 10 bis 20 % des Kunststoffs in unseren Behältern durch Erbsenaußenschalen zu ersetzen“, berichtet Jana Klein, Rohstoffmanagerin bei der bekuplast GmbH. In Hinblick auf 2030, wo mit einer EU-Anfordung an einen Mindestanteil an Recyclingkunststoffen in Kunststoffprodukten gerechnet wird, besitzt diese Entwicklung eine hohe Zukunftsrelevanz. Derzeit sind Behälter aus Erbsenfasern noch teurer als handelsübliche Kunststoffboxen, aber beide Unternehmen sehen großes Potenzial für diese Innovation und werden weiter daran arbeiten nachhaltige Lösungen aus der Grafschaft voranzutreiben.